Was bedeutet es eigentlich in einem familienfreundlichen Unternehmen zu arbeiten? Ein ehrlicher Bericht über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

15.02.2023 10:48 Von Lukas

Jennifer Schmidt

Home-Office, flexible Arbeitszeiten und Teilzeitstellen. Daran müssen vermutlich die meisten denken, wenn sie das Stichwort „familienfreundliches Unternehmen“ hören. Aber genügt das wirklich, um Familie und Beruf auch in der Praxis vereinbaren zu können?

Ich durfte ab 2020 selbst erleben, wo die Familienfreundlichkeit eines Arbeitgebers anfangen kann und vor allem wo sie als arbeitendes Elternteil auch wirklich gebraucht wird. Und so viel schon vorweggenommen: Es ist leicht sich als Unternehmen Familienfreundlichkeit auf das Aushängeschild zu schreiben, jedoch diese wirklich im Arbeitsalltag zu leben und von den eigenen Mitarbeiter:innen als solches wahrgenommen zu werden, ist noch mal was anderes.

Mensch statt Ressource

Vermutlich ist für viele Arbeitnehmer:innen die erste Schnittstelle von Beruf und Familie das Verkünden der Schwangerschaft. Nach den Glückwünschen erwartet man (insbesondere als Frau) die Rückfrage, wie lange man denn plane „wegzubleiben“. Überraschenderweise war bei mir die erste Rückfrage, wie es mir denn gehe und weitere üblichen Fragen zu meiner Schwangerschaft, die man eben auch von Freunden erhält. 
Der Eindruck, eine rein wirtschaftliche Ressource für das Unternehmen zu sein, entsteht so gar nicht erst und die Schwangerschaft, als persönliches Lebensereignis, rückt in den Vordergrund. Denn leider gibt es immer noch viel zu oft schwangere Arbeitnehmerinnen, die sich als wirtschaftliche Belastung für ihr Unternehmen fühlen oder sogar unter Druck gesetzt werden. 

Während der Schwangerschaft kamen mir einige Aufmerksamkeiten zu Teil, wie ein Parkplatz direkt vor dem Bürogebäude, ein höhenverstellbarer Tisch oder auch ein Gymnastikball als zusätzliche Sitzmöglichkeit. Das machte das Arbeiten trotz der körperlichen Unannehmlichkeiten, die so eine Schwangerschaft eben mit sich bringt, absolut möglich. Auch hier sind es nun mal die Kleinigkeiten, die man als schwangere Arbeitnehmerin zu schätzen weiß.

Das familienfreundliche Unternehmen, als ganzheitliches Konzept, kann selbst während der Elternzeit des Arbeitnehmers weitergelebt werden. Denn das Unternehmen kann darauf achten, die Verbindung in dieser Zeit zu seinen Arbeitnehmer:innen nicht zu verlieren. Neben einem Geschenk zur Geburt meines Kindes seitens der Firma, wurde ich trotz meiner physischen Abwesenheit zu allen Teamevents und Firmenfeiern eingeladen.
Weiterhin als Teil des Teams wahrgenommen zu werden, hat mich persönlich sehr gefreut und mir Vorfreude auf die Rückkehr in das Unternehmen bereitet.

Rückkehr in den Job 

Einer meiner persönlich größten Struggles war es, einen KITA-Platz für mein Kind zu finden. Leider bekamen wir keine KITA-Zusage, weshalb ich vorerst nur innerhalb der Familie eine Kinderbetreuung für wenige Stunden die Woche gefunden habe. Nach Erläuterung meiner Situation konnte mein Arbeitgeber mir bei meinem Wiedereinstieg in das Berufsleben unkompliziert helfen, indem ich sehr flexibel auch nur für wenige Stunden zurück kommen konnte (gesetzlich müssen Arbeitgeber nämlich erst ab 15 Stunden pro Woche „Teilzeit in Elternzeit“ ihren Arbeitnehmer:innen ermöglichen).
So etwas sind tatsächlich (leider) normale Probleme von Familien mit kleinen Kindern. Auf die Betreuungssituation der Arbeitnehmer:innen aber flexibel reagieren zu können, oder es zumindest zu versuchen, macht somit einen ziemlich großen Teil der Familienfreundlichkeit eines Unternehmens aus. 

Viel zu oft hört man von Müttern, die nach ihrer Elternzeit in Teilzeit zurückkehren, und dann oft nur unbeliebte Aufgaben zugeteilt bekommen, die zudem dann auch noch anspruchslos sind und man schlussendlich absolut unterfordert wird. Oder umgangssprachlich eben auf das „Abstellgleis“ gestellt wird. Natürlich verlieren Mütter und Väter in ihrer Elternzeit nicht ihre Fähigkeiten und Kenntnisse, jedoch steckt noch in einigen Köpfen der Glaubenssatz, dass eine Teilzeitkraft ihren Kolleg:innen in Vollzeit hinsichtlich ihrer Kompetenzen unterlegen sind.
Jedoch sollte uns allen klar sein, dass Arbeitnehmer:innen nach ihrer Elternzeit sogar ein Gewinn für das Unternehmen sein können. In dieser Zeit durchläuft man nämlich regelrecht ein Bootcamp an Softskills wie Belastbarkeit, Organisation, Durchsetzungsvermögen, Empathie und Verantwortungsbewusstsein. 
Auch ich konnte mich von dieser Befürchtung nicht ganz freimachen. Glücklicherweise sah mein erster Arbeitstag aber ganz anders aus. In unserem ersten Team Meeting wurden mir von meiner Vorgesetzten Aufgaben und Entscheidungen zugeteilt, die absolut gleichwertig zu denen meiner Kolleg:innen waren und darüber hinaus auch nach meiner „Expertenmeinung“ zu einem bestimmten Themengebiet erfragt.

Empathie und Aufmerksamkeit als Fundament

Während meines Arbeitsalltags in Teilzeit nehme ich auch an Workshops, Meetings und Geschäftsreisen teil. Das Unternehmen tut hier sein Möglichstes, um mir neben meiner Care-Arbeit auch die Teilnahme an wichtigen Geschäftsterminen zu ermöglichen. Beispielsweise werden Termine innerhalb des Teams oft zuerst mit den Kolleg:innen, die Eltern sind abgestimmt, bevor sie fix gemacht werden. Bei Geschäftsreisen, die eine Übernachtung beinhalten, kam die Rückfrage meiner Vorgesetzten, ob sie denn ein Kinderbett im Hotel reservieren solle, falls ich nachts von meinem Kind nicht getrennt sein kann bzw. möchte.
Dies ist natürlich keine Selbstverständlichkeit und zeigt deutlich, dass auch auf Arbeitsebene Empathie und Aufmerksamkeit ein wichtiger Bestandteil eines familienfreundlichen Unternehmens sind.

Und natürlich hört meine persönliche Geschichte als Working Mom hier nicht auf. Beispielsweise dauert aktuell die Eingewöhnung meines Kindes bei der Tagesmutter länger als geplant. Aber auch hier haben meine Vorgesetzten und ich eine individuelle Lösung gefunden.

Familienfreundlichkeit ist mehr als Home Office, Teilzeit und flexible Arbeitszeiten

Was ich mit diesem ehrlichen Bericht sagen möchte, ist dass Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht allein Aufgabe des arbeitenden Elternteils oder der Politik sein muss. Jedes Unternehmen kann sich mit seinen Möglichkeiten zur Familienfreundlichkeit befassen und an einer entsprechenden Umsetzung arbeiten.

Meine persönliche Geschichte zeigt, dass ein Unternehmen, das Familienfreundlichkeit leben will, noch viel mehr tun kann als Home Office, Teilzeit und flexible Arbeitszeiten anzubieten. Das Zwischenmenschliche zählt hier mindestens genau so viel. Es geht darüber hinaus um echte Wertschätzung, Empathie und eine offene Kommunikation. Einer Mischung aus Rücksicht und Anerkennung.

Zum Schluss möchte ich natürlich nicht unerwähnt lassen, dass mein Arbeitgeber SPARKS, schon sechs Mal in Folge als eines der familienfreundlichsten Unternehmen in der Automobilindustrie von dem Magazin „freundin“ und der Arbeitgeber-Bewertungsplattform „kununu“ ausgezeichnet wurde. Das zeigt, dass sich Bemühungen um ein familienfreundliches Konzept auf die Mitarbeiterzufriedenheit auswirken und sich damit absolut auszahlen.

Lukas